Lübeck. Dem Thema Autismus mehr Beachtung schenken, informieren, Betroffene mit einbeziehen und für sie beten. Darum geht es beim Autismus-Sonntag, einem weltweiten Gebetstag, den es schon seit über 20 Jahren gibt. Auch in Lübeck wird es am Sonntag, 12. Februar 2023, einen Gottesdienst geben.
Mehr als komische Angewohnheiten
Bis Jörg-Stefan Witt die Diagnose Autismus bekam, war es ein langer und oft schwerer Weg für den heute 54-Jährigen. Erst vor fünf Jahren, im Alter von 49 Jahren bekam - wie er sagt - "das Kind einen Namen". Und er fügt hinzu: "Als ich geboren wurde, hat man sich damit nicht befasst. Lange dachte man einfach: Der hat komische Angewohnheiten." Dazu gehörte etwa, dass er schon als Kind immer nur zwei Erdnussflips auf einmal essen konnte, erzählt Witt, der in der Reinigung der Diakonie Nord Nord Ost arbeitet.
Mehr Beachtung für Autismus
Seit seiner Diagnose setzt sich Witt dafür ein, dass dem Thema Autismus mehr Beachtung geschenkt wird. So entstand bei ihm auch die Idee, einen Autismus-Gottesdienst zu feiern. "Ich habe mich an Pastorin Elisabeth Farenholtz gewendet, die in der Laurentiusgemeinde auch die ‚Rückenwind-Gruppe‘ leitet, die sich an Menschen mit Behinderung richtet", erzählt Witt, der seit vielen Jahren Mitglied der Laurentiusgemeinde ist. Gemeinsam mit Pröpstin Petra Kallies haben Witt und Farenholtz einen Gottesdienst vorbereitet, den sie am 12. Februar, dem sogenannten Autismus-Sonntag, in der St.-Markus-Kirche feiern wollen.
Predigt von Pröpstin Petra Kallies
Der Autismus-Sonntag geht auf eine Eltern- und Betreuer-Initiative zurück und fand erstmals im Jahr 2002 in Großbritannien statt. Der erste Gottesdienst wurde in der St Paul's Cathedral in London gefeiert. Mittlerweile wird der Gebetstag weltweit jedes Jahr am zweiten Sonntag im Februar begangen.
Pröpstin Petra Kallies hat das Anliegen von Jörg-Stefan Witt gern aufgegriffen. Sie wird in dem Gottesdienst die Predigt halten, in der es unter anderem um den 1. Korintherbrief 12, 12 ff. gehen wird ("Der eine Leib und die vielen Glieder").
Autismus thematisieren und für Betroffene beten
Menschen mit Autismus oder mit dem Asperger-Syndrom (einer Variante des Autismus) seien in den Gemeinden nur selten präsent, sagt Kallies: "Für viele Betroffene stellen Veranstaltungen mit vielen Menschen eine Überforderung, eine Reizüberflutung dar. Das gilt eben auch für Gottesdienste. Indem wir diese Störung thematisieren und für Betroffene und ihre Angehörigen beten, werden sie als Teil unserer Gemeinschaft bewusst. Sie treten heraus aus dem Schatten unserer Wahrnehmung. Als Getaufte gehören sie zu uns, auch wenn sie vielleicht nie an einem Gottesdienst in einer großen Gemeinde teilnehmen können."
Der Gottesdienst findet in der St. Markus-Kirche der Laurentiusgemeinde statt. Beginn ist um 10:30 Uhr.
Adresse: Beim Drögenvorwerk 2-8, 23554 Lübeck
Weitere Informationen:
Was ist Autismus?
"Autismus ist eine komplexe und vielgestaltige neurologische Entwicklungsstörung. Häufig bezeichnet man Autismus bzw. Autismus-Spektrum-Störungen auch als Störungen der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirken. […] Menschen mit Autismus können soziale und emotionale Signale nur schwer einschätzen und haben ebenso Schwierigkeiten, diese auszusenden. Die Reaktionen auf Gefühle anderer Menschen oder Verhaltensanpassungen an soziale Situationen sind selten angemessen." (Quelle und weitere Informationen: www.autismus.de/was-ist-autismus.html)